Die Drachen haben neben der Eigenschaft, Gittersprünge zu erzeugen, noch weitere Überraschungen parat. Jeder Drachen hat noch einen Partnerdrachen mit welchem er sich zu 90° ergänzt. Daher können beide Drachen gemeinsam in Formen auftreten. Die Idee dazu und weitere Anregungen habe ich in [MathPuzzle] Kites&Bricks gefunden.

RingDrachen

Im folgenden wird man sehen, dass es unendlich viele Drachenpaare gibt, und dass diese auf interessante Weise mit den [M1] Pythagoräischen Tripeln zusammenhängen. Außerdem läßt sich das Drachenkonzept auch noch verallgemeinern.

Drachen-2-1

Die beiden Drachen vom Typ 2-1 und von Typ 3-1 ergänzen sich zu einem Winkel von 90°, weil atan(1/2) + atan(1/3) = π/4 ist. Die beiden Winkel der Drachen sind außerdem gleich den Winkeln des Pythagoräischen 3–4–5–Dreiecks, weil 2*atan(1/2) = atan(4/3) und auch 2*atan(1/3) = atan(3/4) ist. Diese Zusammenhänge sind nicht zufällig, sondern in entsprechender Weise eine durchgängige Eigenschaft aller Drachenpaare.

Das rechte Bild zeigt eine Überdeckung eines 7*7-Quadrates mit Drachen vom Typ 2-1 und 3-1 und 2*1-Rechtecken. Die Figuren passen perfekt aneinander, obwohl das nicht völlig offensichtlich ist.

Kites&Bricks

KitePaar-3-2

Die beiden Drachen mit den Katheten 2-3 und 5-1 ergänzen sich auch zu einem rechten Winkel. Mit ein bischen Rechnerei von elementaren trigonometrischen Formeln erhält man durch Anwenden des Tangens Additionstheorems:

AdditionsTheoremTAN

Da die Drachen aufgrund ihrer Konstruktion den Winkel des definierenden Dreiecks verdoppeln, errechnet sich weiter:

AdditionDrachenTAN

Dies bedeutet, dass der Drachenwinkel α immer gleich dem Öffnungswinkel eines Pythagoräischen Dreiecks ist, welche durch lange bekannte Gleichungen (Bild links) aus den Parametern n und m hervorgeht. Diese gelten für alle natürlichen teilerfremden Zahlen n und m, wobei m < n sein muß und und nur eine von beiden ungerade sein darf. Die Parameter n und m erhalten auf diese Weise auch eine feine geometrische Interpretation. Damit wird unmittelbar klar, dass es zu jedem der unendlich vielen Pythagoräischen Dreiecke genau ein entsprechendes Drachenpaar gibt. Es bleibt noch zu klären, ob sich alle Paare auch auf der Diagonalen in einem der Gitterpunkte treffen. Dies ergibt sich aus dem Additionstheorem des inversen Tangens:

AdditionsTheoremATAN

AdditionDrachenATAN

Daß sich die beiden Winkel α und β des Drachenpaares zu 90° ergänzen, ist zwar schon wegen der Winkelsumme im Dreieck klar, doch die obige Formel läßt sich derart interpretieren, dass sich die Seiten des zweiten Drachens sich zu n - m und n + m ergeben und damit auch ganzzahlig sind.

Da sowohl n - m und n + m ungerade sind, also nicht als Parameter eines Pythagoräischen Tripels geeignet, ist die Beziehung der beiden Drachen nicht symmetrisch. Geht man umgekehrt von zwei ungeraden m und n aus, erhält mit n - m und n + m Zahlen mit ungleicher Parität, sodaß man durch Vertauschen der Rollen gültige Parameter für die Pythagoräische Formel erhält. Damit ist klar, dass alle Drachenpaare genau einem Pythagoräischen Tripel entsprechen und umgekehrt.

Jedes Drachenpaar ist also von einem Pythagoräischen Tripel abgeleitet und besitzt einen Haupt- und einen Komplementär-Drachen.

Dieses Drachenpaar entsteht mit dem Parametern m = 2 und n = 5. Die winkeldefinierenden Pythagoräischen Dreiecke können sehr groß werden. Andere interessante Eigenschaften der Pythagoräischen Dreiecke wie ein Inkreis mit ganzzahligem Radius, welcher die Seiten in Gitterpunkten trifft, sollen auch kurz erwähnt sein.

KitePaar-5-2

Meist werden die Pythagoräischen Tripel so angesehen, dass man rechte Winkel damit konstruieren kann. Das ist zwar richtig, aber für mich liegt das wahre Rätsel in der Tatsache, dass zwei Punkte im Quadratgitter so verbunden werden können, dass die Verbindungsstrecke eine ganzzahlige Länge hat. Daß man diese Stecke dann zu einem rechtwinkligen Dreieck ergänzen kann ist offensichtlich und liegt in der Natur des Quadratgitters.

Wenn man dieser Überlegung auf ein reguläres Dreieckgitter überträgt und zwei Gitterpunkte durch eine ganzzahlige Strecke verbindet, ist es um so erstaunlicher, dass es überhaupt geht. Denn die Höhe der Gitterelemente beträgt √3/2, was überhaupt keine ganze und auch keine rationale Zahl ist. Hat man eine solche ganzzahlige Verbindungsstecke gefunden, läßt sie sich ähnlich wie im Quadratgitter zu einem 120°-Dreieck ergänzen. Die kleinste solche Konstruktion ist ein 3–5–7–Dreieck. Die zugehörigen Formeln fand ich in dem Artikel [K2] Hoehn/Walser, der sich auf andere Weise mit 120°-Tripeln befaßt. Die folgenden Ableitungen zeigen, daß sich im Dreieckgitter zu jedem Pythagoräischen 120°-Tripel ein Drachenpaar bilden läßt, welches ganz ähnliche Eigenschaften wie im quadratischen Fall hat.

DreieckKitePaar

Die Pythagoräischen 120°-Tripel lassen sich ähnlich wie die 90°-Tripel durch eine Formel mit zwei Parametern berechnen. Im Beispiel ist n = 2 und m = 1.

PythTripel120

Der Dreieckdrachen ergänzt sich hier mit einem Partner zu 60°, wobei die Seiten des Partnerdrachens n - m und n + 2*m betragen. Die halben Winkel der Drachen bestimmen sich durch elementare Trigonometrie.

DreieckDrachenTAN

Nach länglicher Rechnung ergibt sich mit Anwendung des arctan Addtionstheorems, dass die so konstruierten Drachen zusammen π/3 = 60° füllen.

DreieckDrachenATAN

Ganz analog zu der quadratischen Form gibt es einen engen Zusammenhang dieser Drachenpaare mit den Pythagoräischen 120°-Tripeln. Denn der Winkel des primären Drachens ist gleich dem Winkel des Pythagoräischen 120°-Dreiecks, welches durch die Parameter n und m erzeugt wird. Auch im Fall des Dreiecksgitter haben n und m als Seitenlängen des Drachendreiecks eine klare geometrische Bedeutung. Dies wird durch die folgende Berechnung bestätigt.

DreieckDrachenTAN2

DreieckDrachenTAN2A

Da nun der Winkel des Drachens und des zugehörigen Pythagoräischen Dreiecks den gleichen tan Wert besitzen und im gleichen Quadranten liegen, folgt die Gleichheit der Winkel.

Dies Bild zeigt ein weiteres Beispiel eines Drachenpaares im Dreieckgitter. Es entsteht aus n = 3 und m = 2 woraus sich a = 5, b = 16 und c = 19 ergibt.

DreieckKitePaar2

 

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